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Von Nairobi (Kenya) ueber Addis Ababa (Ethiopien) bis Khartoum (Sudan)

Written in Sudan
12/31/2003 by jazz

Mit gemischten Gefuehlen ging unsere Reise am Sonntag, 7.12.03 weiter. Wir verliessen frueh morgens Nairobi, fuhren bei Regen um den wolkenverhangenen Mount Kenya (den wir nie zu Gesicht bekamen...) durch herrlich fruchtbares, tropisches Gebiet auf einer Hoehe von bis zu 1800 Metern. Wieder sahen wir viele Masaai in Volkstracht mit Schmuck und Speer am Strassenrand. Weshalb gemischte Gefuehle? Ganz einfach, uns stand die beruehmt beruechtigte Strecke Isiolo-Moyale im Norden Kenyas bevor. Beruehmt, da so schlecht befahrbar, dass sie keiner vergisst der sie -oder sie ihn- geschafft hat und beruechtigt wegen der bewaffneten Banditengruppen, die gerne mal Touristen um Laestigkeiten wie Gepaeck und Gefaehrt erleichtern. Bewaffnet daher, weil rundherum (Kenya/Somalia, Kenya/Ethiopien..) Kriege herrsch(t)en und Waffen in diesem Gebiet zu haben sind wie bei uns die Weggli.
Als wir in Isiolo, dem sogenannten Grenzort (bis zur tatsaechlichen Grenze sind es noch 510 km zu fahren und nur ein Ort, Marsabit, dazwischen liegt; dort aber nur wenig Leute vorbeikommen, naemlich die, die an die Grenze wollen), als wir also in Isiolo ankommen, regnet es. Und wenn die Strecke Isiolo-Moyale etwas nicht ertraegt, dann ist das Regen! Ich machs kurz, wir verhaengten 3 Tage in diesem Kaff auf einem netten Zeltplatz, wo die Pathfinderkids ihre Zeit totschlugen, die kenyanische Erwachsenenwelt in Volkstracht ihre Volkstaenze fuer die 40 Jahr-Unabhaengigkeitsparty vom kommenden Freitag uebten und wir auf dem TV jeweils morgens von 8 Uhr bis 9 Uhr CNN empfingen und es uns also sicher nicht langweilig wurde. Mehr zu dieser Wartezeit im Bericht:"It depends on the plan of God".
Am Mittwoch, 10.12.03 nahmen wir dann die besagte Strecke in Angriff. Ich sage nur so viel: es war hammerhart. 260km am ersten Tag, 250km am zweiten. Volle Konzentration. An Untergrund etwa alles gehabt ausser Asphalt natuerlich. Und dann die Anspannung wegen der Banditenwarnung: bei jedem Esel, der weit vorne auf der "Strasse" stand, hatte ich Angst, das sei sie jetzt, die Banditenbande, bis ich die Umsisse deutlich als eben die eines Esels ausmachen konnte. Mehr zu diesen zwei Tagen im lebendigen Bericht von Phil:"Die Strasse lebt".


Es war also am Freitag, 12.12.03 als wir um etwa 16 Uhr erschoepft aber uebergluecklich mit saemtlichen Visa und Carnet de Passage Stempeln in unseren Unterlagen in Moyale auf der ethiopischen Seite der Grenze einfahren konnten. Ein unbeschreiblich herrliches Gefuehl war es, hier zu sein. Die Erleichterung fiel von mir, fast wie die Schweisstropfen von meiner Stirn unter meinem Helm.. .
In Moyale lernten wir Toni kennen, noch bevor wir den ersten Fuss richtig auf ethiopisches Land gesetzt hatten. Er entpuppte sich als echte Perle: zeigte uns ein Hotel mit Dusche und Parkmoeglichkeit, half uns beim Geldwechseln und erklaerte uns, dass wir noch vor 18 Uhr tanken sollten, da der Strom fuer die Pumpen nur von Mittags bis 18 Uhr laufe und wir sonst morgen bis zum Mittag warten muessten, um zu tanken. Er begleitete mich beim Einkauf (Wasser, Brot, Eier und Tomatenpurre) waehrend Phil sich den laedierten Bikes widmen konnte und verabschiedete sich dann diskret mit dem Wunsch, uns morgen noch richtig Tschuess sagen zu koennen. Unterdessen war es laengst dunkel, wir kochten das feinste Essen, das ich je genoss (Ihr glaubt gar nicht, wie gut nach solchen Tagen Reis mit Tomatenpurre schmecken kann!!!).
Frueh am naechsten Tag ging unser Wecker und noch vor Sonnenaufgang war klar, dass wir mindestens die eine Rahmenschraube, die sich bei meinem Bike durch das Geruettle verabschiedete, einfach rausgedreht hatte, ersetzten muessen bevor es weiter gehen kann. Die lange, grosse gebrochene Schraube unten bei der Hauptstaenderaufhaengung wird "halten" muessen bis Kairo. Und auch Phils hinterer Scheibenbremsbelag muss noch durchhalten! So warteten wir auf Toni, der gegen 7 Uhr etwas verschlafen noch, auftauchte, das Problem sofort erkannte und mit Phil loszog, um bei einem Schraubensecondhandhaendler eine Schraube passender Groesse auf zu treiben! Danke!
Wir bedankten uns grosszuegig bei Toni, verabschiedeten uns und fuhren auf Asphalt (jupppiiii!) los Richtung Hauptstadt.


An dieser Stelle moechte ich noch erwaehnen, dass wir uns, als wir uns im Gaestebuch des Hotels eintragen mussten, zum ertsen Mal mit dem ethiopischen Kalender und deren Uhrzeit bekannt machten. So schrieben wir als Ankunftsdatum den 2.4.1996. Ethiopien funktioniert nach dem Julian solar calendar: 12 Monate zu je 30 Tagen und ein 13. Monat mit 5 bzw.6 Tagen (13th month of sunshine). Das Jahr beginnt am 11. September (welch Datum) unseres Kalenders (Western Georgian calendar) und ist unserem Kalender 7.5 Jahre hinten nach. Auch die Uhrzeit wird hier anders angegeben: was bei uns 12 Uhr Mittags und 24 Uhr Nachts ist, ist bei ihnen Sonnenaufgang 6 Uhr und Sonnenuntergang 18 Uhr. Das heisst, wenn ich morgens um 10 Uhr auf eine Uhr schaue, sehe ich dort 4 Uhr angezeigt; 4 Stunden nach Sonnenaufgang. Eines der deutlichen Zeichen davon, dass Ethiopien eben nur wenig bis gar nie, und wenn dann nur kurz von westlichen Kolonien besetzt wurde... .


Ehtiopien ist ein armes Land. Komisch eigentlich. Denn wir fuhren die naechsten Tage non stop durch fruchtbarste Berglandschaft (z.T bis auf 1900 Meter) mit Bananenplantagen, Ackerbau und vielen Viehherden (Ziegen, Kuehe und jede Menge Kamele)! Die Frauen hier sind gekleidet in den traditionellen Tuechern. Wobei erdige Farben wie Gruen, Braun, Orange und Rot ueberwiegen. Die Kinder bis 10 Jahre tragen oft ein zerschlissenes Oberteil, sonst nichts. Fuedliblut. Die Jugend und maennliche Bevoelkerung in abgetragener, aber westlicher Kleidung.


Am 15.12.03 kamen wir nach 770km, einer 2 Tagesetappe in Addis Ababa an. In unserer Foodbox befanden sich genau noch 0.5kg Reis, 0.5kg Pasta, 2 L Wasser, Zaeltli und eine Handvoll Erdnuesse! Sonst absolut nichts mehr!
Addis hat ueber 3 Mio Einwohner. Es ist die Hauptstadt eines armen Landes, einem Land der Kinder. Die zahlreichen Kriege, die das Volk hier fuehrt(e), zeigt ganz deutlich seine Spuren. Wir sehen kaum Menschen ueber 30ig. Ehrlich. Nur Kinder. Massenhaft. In Yabello (280km noerdlich der Grenze zu Kenya) uebernachteten wir in einem Hotel, das von 2 Jungs im Alter von 10 und 11 Jahren gefuehrt wurde. Plumsklo, Duschen ist nicht. Das Wasser wird eimerweise angeschleppt, Strom gibts vom hauseigenen Generator von 18 Uhr bis die letzten schlafen (etwa 22 Uhr). Ich lernte die Jungs English, sie halfen mir bei der Handwaesche....
Auch in Yabello bemuehte sich ein junger Mann um unser Leib und Wohl und begleitete uns an den Markt. Markt heisst in Ethiopien, dass Frauen unter freiem Himmel (keine Markthallen) auf Tuechern am Boden sitzen und ihr Gut haeufchenweise verkaufen. So liegen da eine Schale Reis, einige Bohnen, Bananen oder Kartoffeln am Boden. Armseelig- wir trauten uns kaum, etwas zu kaufen, die haben so wenig. Wir wurden angebettelt und bestaunt. Wasser kauften wir in einem der Afrika ueblichen Shops: Holzverschlag mit Theke, dahinter ein riesen Chaos- aber eigentlich nichts ausser Seife, Guetzli und eben evtl. Wasser und Eier. Wir fanden sogar etwas Brot in diesem Dorf.
Nahrungsmittel in Ethiopien ist knapp, genau so Trinkwasser. Doch die Menschen sind umwerfend freundlich! Keiner warf mit Steinen (wie uns dies von praktisch allen Reisenden von Ethiopien erzaehlt wurde)- im Gegenteil: auf den knapp 800km von der Grenze bis in die Hauptstadt fuhren wir auf mal guter, mal weniger guter, aber immer asphaltierter Strasse. Die Menschen hier besitzen keine Autos, fast keine Velos und so ist die Strasse nicht der Ort, wo man sich bewegt, sondern wo man sich aufhaelt. Ueber die ganzen 800km fuhren wir wie durch eine Chilbi. Jene Menschen auf der Strasse, Kuhherden, Ziegen, spielende Kinder (mit dem beruechtigten Rad, das sie mit einem Stock fuehren..), Kamele, picknickende Jungs usw. Wenn wir kamen machten sie immer Platz, meist winkend und johlend (als waeren wir Zuelle in der Fuehrergruppe kurz vor der Passhoehe, echt!), manchmal aengstlich davon rennend (dann winkten wir immer zuerst als Zeichen von Freundschaft), dann wieder aus Strohhuetten, Lehmhuetten oder dem Wald, Busch heranspurtend um einen Blick und Wink zu erhaschen. Ich sammelte sogar Handkuesse ein, die mir zu Duzenden von den jungen Maennern mit auf den Weg gegeben wurden.


Wir blieben bis zum Dienstag, 23.12.03 in Addis. Ergatterten uns ein Visum fuer den Sudan und eines fuer Egypten, spannten im Innenhof des Hotels Bel Air (Addis liegt auf 2400m) aus und kauften viel Esswaren und sogar etwas Wein. Wir liessen es uns so richtig gut gehen und fanden viel Zeit um zu mailen, surfen, Zeitung lesen (was hat Blocher im Budesrat verloren? Wer ist Merz?) und unsere HP zu fuettern.
Im Verlaufe unserer Woche in Addis warteten die Minibusse an der Strasse vorne, wenn sie uns von weitem anwatscheln sahen, wir erkannten die einheimischen Fahrgaeste in den Bussen wieder, gruessten diese wie alte Bekannte, die Kinder um das Hotel herum rannten uns ueber den ganzen Fussballplatz (den ueberqueren wir jeweils auf unserem Weg vom Hotel zur Baeckerei um die Ecke) nach, nur um uns Weissen die Hand zu geben, uns zu beruehren. Mir wurde sogar mal aus lauter Gwunder mein Kopftuch abgenommen und meine Haare darunter gestreichelt, gezupft und zwischen den Fingern gedreht; so fremd sind wir ihnen- und so bekannt wurden wir uns in so kurzer Zeit! Ich will noch einige Worte zum Hotel verliehren, einfach damit Ihr einen richtigen Eindruck erhaelt:
Eine Woche waren wir im Hotel einquartiert. Das Zimmer wird nicht gemacht, Eimer werden nicht geleert, es sei denn man sage etwas oder stelle ihnen die Arbeit (in unserem Falle den Eimer) in den Weg, sprich vor die Nase. Dann dauerte es jeweils nicht lange, bis sich die Waschfrauen dem Eimer annahmen und dessen Inhalt vor unserer Hoteltuer bis ins Detail untersuchten. So kam es, dass Material wie leere Buechsen, Petflaschen, Karton und anderes nicht im Ofen landeten sondern im Nachbarzimmer verschwanden...
Es ist ein altes, einstoeckiges Steingebaeude mit Wellblechdach, verlottert aber dicht. Der Bau in U-Form mit einer Bar im Haus in der Mitte des U. Die Zimmer haben ein Bett, ein Fenster, Tuer mit Vorhaengeschloss, 24h Strom (was Luxus ist), 2 Stuehle und einen Tisch, Nachttopf und 1 Flasche Wasser (zur Koerperhygiene). WC-Papier und Frottiertuch ist nicht. Gemeinschaftsdusche (Boiler) und WC sind einige Tueren weiter weg, beides von weitem zu riechen... und in der Bar erhaelt man Getraenke und auf Wunsch Spagetthi. Neben unserem Zimmer wohnen und arbeiten die 4 Waescherinnen, ihre vielen Kinder sind am Wochendende anwesend. Ferner gibt es einen anhaenglichen Wachhund und etwa 5 Katzen, eine kraenker als die andere. Wir lebten also sehr einfach, doch fuer Ethiopien komfortabel- eben mit Mauern, dichtem Dach, Strom und fliessend Wasser irgendwo im Umkreis von 200m.
Ich habe Addis mit der Zeit richtig lieb gewonnen. Diese Stadt lebt und ist, entgegen vielen anderen Berichten von Reisenden, ueberhaupt nicht gefaehrlich. OK, wir bewegten uns nur bei Tageslicht, hielten die Umgebung stehts im Auge, trugen ausser wenig Bargeld und der ID nichts bei uns (wir sahen Touristen mit riesigen Handtaschen/Rucksaecken, die sie dann um den Bauch tragen und mit beiden Armen umklammern, als waer ihr ganzes Hab und Gut darin- wars das etwa auch?) Mussten wir unsere Ausweise mit uns tragen (ZB falls unterwegs zu Botschaften Visa eintreiben), so transportierten wir diese in unauffaelligen Plastiltueten zusammen mit Brot, Lauch und Wasserflaschen- wie die Einheimischen eben. Freundlich und hilfsbereit erlebte ich die Menschen hier. Zeigten uns die Minibushaltestellen, erklaerten uns den Weg zum Eingang der Post und halfen uns beim Taschentragen, Tueraufhalten usw. Natuerlich gibt es die Bettler, die vorzugsweise an den Minibushaltestellen ihre hohle Hand in den Wagen strecken, bis dieser faehrt (und dieser faehrt immer erst, wenn er voll ist, das ist der Fahrplan hier) oder die kleinen, verlumpten Kinder die dir nacheilen, sich dir in den Weg stellen, dich am Arm zupfen und dir ihre Papiernastuechli verkaufen wollen. Ignorieren hilft am wenigsten. Um sie los zu werden muss man ihnen in die Augen schauen und laut no bruellen und evtl. sogar mit der Hand einen Schlag andeuten, damit sie einem irgendwann wieder in Ruhe lassen. Ich erschrecke auch fast, wenn ich das so schreibe. Aber ist tatsaechlich so. Ich habe gelernt, hart zu sein (und ihr und ich wisst, dass ich niemals schlagen wuerde!) Doch wie gesagt, die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft dieser Menschen hier ueberwiegt alle mal. Und es kommt so oft vor, dass wir, wie zB Phil am Markt, einfach von einem Ethiopier seine Hand hingehalten bekommt zur Begruessung. Phil gab ihm seine Hand- ihr haettet die Freude in den Augen dieses anderen jungen Mannes sehen sollen!


Die Kinder Nairobis, die nicht in die Schule gehen, vertreiben sich die langen Stunden des Tages mit Betteln oder einem Dienstleistungsangebot in Form von Schuheputzen, Taschentuecher verkaufen, Reinschmeisser bei den Bussen, Gepaeck- bzw. Einkaeufe schleppen oder Orientierungslose herum zu fuehren. Selten sahen wir Kinder, die spielen. Wenn, dann Fussball bei Sonnenaufgang (6.30-7.30) und kurz nach Sonnenuntergang (18.00-19.00), Huepfspiele (Himmel und Hoelle) oder aber dann "Kickboxen": An einer etwa 1.5 m langen Schnur ist ein Ball (feste Kugel aus Papier, Plastik, Gummi und anderem Abfall) angemacht. Das ganze wird mit einem Nagel an einem Strom- oder Telefonmast befestigt, so dass der Ball etwa auf Schulterhoehe ist. Zu zweit, dritt oder auch alleine wird dann gegen den Ball geboxt, gekickt oder Kopfball gemacht, sodass es den Ball heftig gerumwirbelt- gar nicht so einfach fuer den naechsten, ihn zu erwischen! In den laendlichen Gegenden Afrikas (nicht nur in Ethiopien) sahen wir viele Kinder mit einem Rand aus Metall oder Holz und einem verzweigten Aestlein das Rad fuehren: wie auf den Bildern in unseren Geschichtsbuechern!


Auf der Suche nach Cola Light, welches wir in Ethiopien bis und mit Addis Ababa nicht fanden, machten wir uns auf an den National Airport. Ein gewaltiges, topmodernes Glas-Metall-Gebaeude mit Rolltreppen. Beim Anblick dieses Baus kam Hoffnung auf. Doch schnell dann die Ernuechterung in dessen Innern: kaum Mobiliar, die Nischen und Raeume gedacht fuer Shopps stehen allesamt leer (Fast sieht es so aus, als waere hier alles noch im Bau- wars aber nicht!). An den zwei Enden der riesigen, leeren Halle fanden wir jeweils ein "Restaurant": ein Kassenhaeuschen, daneben einen Kuehlschrank, 2-3 Tischchen mit Campingstuehlen- das wars. Es gab nichts, absolut nichts zu kaufen; natuerlich auch kein Cola Light. Verwirrt verlassen wir den National Airport und gehen zurueck in die City, direkt ins Hilton. Begleitet von viel Gwunder und der Absicht, nun Addis Maximum an Angebot aus zu kundschaften. Denn wenn es irgendwo alles zu haben gibt, dann ja wohl im Hilton!
Ein Prunkbau mit riesigem Park, hohen Mauern, viel Security, teuren Autos, Tennisplaetzen und Springbrunnenanlage. In unserem Falle genuegte es, Weiss zu sein. Egal sind ihnen unsere verschwitzen Gesichter, die staubigen Turnschuhe und die seit mehreren Tagen getragenen Kleider. Wir muessen weder Taschen oeffnen, noch eine Reservierung vorzeigen, sondern werden mit einladenden Winkgesten durch den Park zum Hauptgebaeude gelotst. Dort entdecken wir als erstes eine Baeckerei- mit Laugenbretzeln!! Nicht knusprig zwar, aber vom Aroma her- wie zu Hause! Wen stoert da schon die gummige Konsistenz- uns nicht! Kuchen und Brot kaufen wir hier aber nicht. Das selbe Angebot gibt es "draussen" auf der Strasse auch, nur 10-30 (!) mal guenstiger! Gleich neben der Baeckerei dann ein Shop mit der vielversprechenden Anschrift: Delicatessen Import. Natuerlich gehen wir lugen; dabei bleibts dann aber allerdings. Auch hier kein Cola Light. Dafuer Schokolade und anderes Suesses aus vieler Herren Laender zu saftigen Preisen. Ansonsten das selbe Angebot wie "draussen", nur hier im Hilton alles ca. 50% teurer.
Kurz, wir fanden in ganz Ethiopien, auch nach Addis, kein Cola Light. Wer Phils Bericht "Cola Light, ein Entwicklungsindikator" kennt, weiss, was dies bedeuten kann!


Am Dienstag, 23.12.03, nachdem wir die 4. Nacht in Folge von Livemusik in der Bar des Hotels in den Schlaf begleitet wurden, ging es frueh morgens los Richtung Grenze zum Sudan. Addis hat ueber 3 Mio. Einwohner, aber keinen einzigen Wegweiser! GPS und Philipp sei Dank fanden wir den Weg aus der Stadt aber relativ schnell, nachdem wir noch einen kleinen Abstecher zu einer gutbesuchten Mosche machten: locker 2000 Menschen in den engen Strassen um die Mosche herum- und wir mittendrin....
Es folgten 4 atemberaubende Etappen. Atemberaubend auf mehrere Arten. Alle 4 Etappen waren fahrtechnisch extrem anspruchsvoll. Nur gerade die ersten 180km der total 900km von Addis an die Grenze zum Sudan waren asphaltiert. Ansonsten extrem viel Stein, Geroell, Sand, Kurven, Huegel, Kies, Wellblech, Schlagloecher, Lastwagenverkehr und Baustellen. Und wie gewohnt, natuerlich, hielt sich alles was Beine hat auf der Strasse auf. Noch nie sah ich an Weihnachten so viele Esel, Ochsen und Ziegen wie dieses Jahr (Mehr zu unseren Weihnachten in meinem Bericht: "Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte"). So kam ich vor Anstrengung oft ausser Atem. Doch auch ab der Schoenheit des Landes stockte er mir, der Atem. Auf dem Hochplateaux von 2500 M (trotzdem taeglich um die 30 Grad heiss) ging es von Addis nach Dejen, nach Bahir Dar an den Lake Tana, weiter nach Gondar (hier blieben wir 2 Tage um unsere maltraetierten Bikes und Knochen zu hegen und zu pflegen) und dann weiter nach Metema, an die Grenze zum Sudan. Es ging zwischendurch immer mal wieder zuenftig bergab, zB im Blue Nile Gorge (1000MüM), wo wir das erste Mal den Nil ueberquerten (hier noch ein niedliches Bergfluesslein), und dann natuerlich auch immer wieder hoch aufs Plateaux. Der hoechste Pass war 3100MüM- was uns Andenerfahrenen nun wirklich keine Atembeschwerden mehr bereitet. Dann schon eher die dicken, ewig anhaltenden Staubwolken der Lastwagen... ich glaube, etwa 100km der 900km fuhren wir so gut wie blind- und ganz sicher ohne ueberhaupt zu atmen!
Und einhaendig- ja, einhaendig fuhren wir durch ganz Ethiopien: sooooo viele Menschen, vor allem Kinder, winkten uns zu, klatschten, johlten und jubelten (youyouyouyou!)- und wir winkten fleissig mit, oder nickten mit dem Kopf, wenn rein strassentechnisch ein Loslassen der Lenkstange fatale Folgen gehabt haette! Freude herrschte ueberall, wo wir vorbei fuhren, kein einziger Stein kam geflogen, dafuer hie und da ein Handkuss junger Maenner am Strassenrand.
Doch waren wir eben auch bei keinem Halt lange alleine. Noch nicht mal fuer unsere "Geschaeftli". Sofort rannten die Kids scheinbar vom Niergendwo zu uns hin, kamen ganz nahe, wollten uns z.T schnell anfassen und staunten uns an. Da keiner die Sprache des anderen spricht, waren diese Begegnungen oft sehr stumm und ruhig, auch wenn sich manchmal bis zu 10, 15, 20 Kinder und Erwachsene mitsamt Eseln, Ochsen und Ziegen um uns versammelt hatten (nur weil wir schnell trinken wollten oder so...).


Mir hat Ethiopien von der Landschaft her (tropische Vegetation im Sueden des Landes und die Hochebene im Westen, mit den goldenen Strohfeldern, den Aeckern, Felsen in allen Farben...) sehr gut gefallen. Die vielen, freundlichen und durchwegs hilfsbereiten Menschen hier leben in aermlichen Verhaeltnissen. Mir schient aber, selbst nebst all den Einfluessen der Kriege, der Hilfsorganisationen usw., dass die groesste Armut Ethiopiens ist, nicht zu wissen, wie sie mit ihrem Reichtum umgehen sollen. Sie stagnieren auf einem einmal erreichten Entwicklungstand, treiben keinen Handel (evtl. von Regierungs"familie" so gesteuert?) und leben, wie viele Afrikaner, sehr im Jetzt. Wenn einer am Tag umgerechnet 2US$ zum Leben braucht, dieses Geld um 9.00 Uhr zusammen hat, dann wird nichts mehr gemacht an diesen Tag. 2 $, das reicht. Dass es 10 $ werden koennten bis am Abend- wozu auch- 2$ reichen fuer heute.
Oder in den Hotels. Alles verkommt. Schiefhaengende, loechrige WC-Spuehlkaesten an der Wand zeugen davon, dass das wirklich mal eine funktionierende Toilette war. Unterdessen ist die Schuessel ein einziger Bruchhaufen und gespuehlt wird, indem man mit einer aufgeschnittenen Petflasche Wasser aus dem Eimer, der in einer Ecke steht, abschoepft und in die Schuessel runter leert. Es wird nichts geflickt, so braucht es keine Handwerker, Sanitaere, Elekrotmonteure- nichts und niemanden. Und so gibt es halt auch keine Arbeit. Solange eine breite Bevoelkerungsschicht Afrikas nicht einsieht, dass ein solcher Ablauf (Defekt, flicken, Arbeit, Instandhalten...) langfristig Arbeit und somit Geld, Nahrung bringt, und nicht das Warten auf den naechsten Sack Altkleidersammlung, solange denke ich, helfen all unsere Spendegelder nichts, die ziemlich sicher sowieso oft in/zu den falschen Saecken wandern...


Die Erleichterung, das arme Ethiopien endlich verlassen zu koennen und die Hoffnung auf Mehr, ein etwas breiteres Nahrungsmittelangebot und eine weniger grosse Bevoelkerungsdichte, wuchsen mit jedem Kilometer, den wir der Grenze zum Sudan naeher kamen. Unter meinem Helm kullerten die Traenen, teils aus besagter Erleichterung aber auch nochmals ab der grossen Armut; die vielen Kinder, Krueppel, Kranken und wie sie alle Freude haben, nur weil wir sie vielleicht fuer ein paar Sekunden auf andere Gedanken bringen koennen, wie sie alle jubeln, klatschen und tanzen, nur weil wir zurueckwinken...Ein Gefuehlskoktail ohne gleichen...
Auf dieser Etappe, von Gondar an die Grenze (230km) und dann gleich weiter am selben Tag nach Al Gedaref (nochmals 140km; also 369km Offraoad total) fuhren wir mit oder in einer Grupe von etwa 15 Italos auf ihren KTMs, Yamis und Hodas mit Begleittross in Form von 2 Jeeps mit Inlaendischen Gides und einem Lastwagen mit allem Gepaeck, sowie den Frauen der z.T recht alten, aber sportlichen Motorradfahrern. Sie fuhren mehrheitlich mit 450ern, waren leicht und schnell... trotz unserem Gepaeck und den groesseren Bikes konnten wir recht gut mithalten- es war, als wuerden wir in einer Ralley mitfahren- und die Kinder am Strassenrand kamen gar nicht mehr aus dem Staunen heraus! An der Grenze dann verabschiedeten wir uns von den Italos, da wir die Formalitaeten doch wesentlich schneller hinter und gebracht hatten (welche uebrigens sauteuer waren! Insegesammt, mit Visum und allen Gebuehren kostete die Einreise in den Sudan knapp 100 US$ pro Person mit Bike! Und zum Glueck hatten wir Passfotos dabei- davon wollten sie, obwohl wir das Visum bereits hatten, naemlich nochmals 2 pro Person..)
Da es an der Grenze nichts anderes gab als das Zollhaeuschen (auf Ethiopischer Seite uebrigens in einer Strohhuette), entschieden wir uns, nach einem Picknick weiter zu fahren in die naechste Stadt, Al Gedaref. Ungestoert, ohne Zuschauer (ausser einem Rudel Affen am Hang gegenueber) assen wir eine Buechse Mais, etwas Weissbrot, eine Banane und tranken viel Wasser. Die Strasse bestand aus gutem Kiesuntergrund, wo wir mit gut 50kmh fahren konnten. 2 Mal mussten wir uns noch registrieren lassen und so kamen wir kurz vor Sonnenuntergang in Al Gedaref an. Beim erst besten Hotel erlitt ich einen Totalzusammenbruch. Rueckenschmerzen, Bauchkraempfe und starker Schwindel. Ich konnte keinen Schritt mehr tun, war voellig am Ende, habe mich uebernommen, war noch nie in meinem Leben so erschoepft. Das Hotel kostete 54 US$ auf die Nacht- egal. Es war das erste Hotel in ganz Afrika mit Klimaanlage, Telefon, TV, Balkon. Und wir sollten noch richtig froh sein, solch ein Hotel gefunden zu haben... Ueber 3 Stunden waelzte ich mich in Schmerzen, versuchte meinen Kreislauf aufrecht zu erhalten, lag nur herum. Phil musste nach diesem langen Tag alles alleine machen: Boxen schleppen, Geld wechseln, Einchecken, Wasser auftreiben... Er zog mir Stiefel und Hosen aus, wusch mir mein Gesicht, kochte mir Tee... Phil, danke, dass du da bist! Nach etwa drei Stunden, einer krampfloesenden Tablette, etwa 1L Wasser mit Brausetablette mit Mineralzusaetzen und etwas gekochtem Reis ging es mir langsam besser. Es war gegen 21.30 Uhr, da hoerten wir bekannte Geraeusche- die Italos kamen an! Sie hatten an der Grenze so lange, dass sie erst kurz vor Sonnenuntergang losfahren konnten und waren daher gut 2 Stunden bei absoluter Dunkelheit unterwegs....


Am naechsten Tag, 28.12.03 wollten wir eigentlich weiter nach Khartoum, doch Phil ging es ploetzlich ganz uebel! Wie angeworfen Fieber (38.5) und ihm war schlecht. Den ganzen Tag waelzte er sich, stoehnte und kaempfte. Auch er also voellig am Ende, erschoepft und ausgelaugt. Wir beide spuehren die Anstrengungen der letzten 8 Monate, das Erlebte, das Schoene und das Andere. Ich werde den 28.12.03 nie vergessen- war fast schlimmer fuer mich, Phil leiden zu sehen, als meine Kraempfe am Abend zuvor. Machtlos und ploetzlich ganz weit weg von zu Hause zitterte ich immer, wenn wir sein Fieber massen, wollte es eigentlich gar nicht wissen. Ich klaerte schon ab, ob und wo ein Spital ist und wer Englisch kann und wie wir ins Spital kommen wuerden. Ich telefonierte in die Schweiz zu meiner Schwester, erklaerte ihr Phils Zustand und liess sie beim Notarzt in der CH Infos und Tipps einholen. Ich kramte die Regahotlinenummer hervor- war geruestet und vorbereitet. Diese 24h wollten und wollten nicht vorbei gehen. Das Fieber stieg, die Uebelkeit wuchs. Doch irgendwann, Mitternacht etwa, trat Besserung ein und Phil konnte endlich schlafen. Ich tats ihm nach. Noch 3 weitere Naechte blieben wir in diesem teuren Hotel. Ausruhen, auskurieren und, mit wenigen Worten zwar, begleitet von nicht wenigen Traenen liessen wir Ethiopien nochmals aufleben, verarbeiteten Bilder, Begegnungen und Gesehenes.
Im Fernsehen sieht man Ethiopien und seine Menschen im Ausnahmezustand; mit Hungerbaeuchen nach Kriegen, Duerrezeiten oder sonstigen Katastrophen. Wir erlebten Ethiopen und seine Menschen aber in Friedenszeiten, im Normalzustand- keine Ausrede oder Erklaerung wie: das ist jetzt nur wegen der Duerre oder so waren moeglich. Ich kann nur sagen, es ist eine Armut, es sind Zustaende hier, auf die Dich niemand vorbereiten kann- und uns wars zuviel.


31.12.03, wir kommen in Khartoum an- endlich.


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Written on the 261st day of trip I - America/Africa
47'222 Km on the road


Route in Sudan


 
 
 
 
 

Fotos around that time

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Unser Taxiengel in Khartoum, SUD
Foto taken between Gedaref and Khartoum, Sudan.
Dec 2003
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15 Italos und wir, ETH
Foto taken between Dejen and Bahar Dar, Ethiopia.
Dec 2003
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Dejen nach Bahir Dar, ETH
Foto taken around Addis Ababa, Ethiopia.
Dec 2003
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Unsere Baeckerei, Addis, ETH
Foto taken between Lake Langano and Addis Ababa, Ethiopia.
Dec 2003